Fried Rosenstock †

Carl Friedrich Schröer: Rosenstocks Spurensuche (German)

1999

Rosenstocks Spurensuche zielt weniger aufs Große und Dramatische. Ihn interessiert vielmehr das Beiläufige, das aus alltäglicher Bewegung Mitentstandene, Abseitige, Geringeschätzte, Unsichtbare, auch das Unwahrscheinliche und Unbewusste. Sein Augenmerk richtet sich auf Verborgenes; er sieht zum Licht den Schatten, zum Teil das Gegenteil. Seine Neugier fragt nach der zufällig entstandenen Form unter der Erde. Sie macht er zum konkreten Bestandteil der sichtbaren Welt. „Es gefällt mir einfach, widersprüchlich und ambivalent zu sein“, behauptet Fried Rosenstock von sich selbst.

Als zweieiiger Zwilling kam er 1943 in Kassel zur Welt. Doch wurde er stets gleich gekleidet wie der ungleiche Bruder. Einerseits wusste er, dass der Zwillingsbruder ihm nicht ähnelte „wie ein Ei dem anderen“. Andererseits hätte er sich nur zu gern in einer identischen Figur außerhalb von sich selbst gespiegelt. Die „biovulare Zwillingsnatur“ ließ den Künstler auf Ambivalenzen aufmerksam werden. Natürlich nicht im Sinne von Binsenwahrheiten, wonach alles seine gute und seine schlechte Seite hat und das Gegenteil genauso richtig ist.

Eher im Sinne der Erfahrung, dass eine Position, indem sie sich radikal setzt, sich selbst zerstört und ihre eigene Negation hervorruft: Dialektik von Spruch und Widerspruch. Das ist der doppelte Boden, in dem Rosenstock seine Kunst findet. "Die wahre Kunst ist einfach und widersprüchlich". Ohne Widerspruch mangelte der modernen Kunst, wozu sie noch gebraucht wird: zur Subversion. Von den Schattenseiten, aus dem Verborgenen dürfen wir das Neue erwarten.